Interview mit Kräuterexpertin Ira Bräuer

Das kleine
Hotel Heinz Kräuter 1×1

Wenn der Sommer vor der Tür steht ist die perfekte Zeit, um den hauseigenen Kräutergarten auf Vordermann zu bringen. Sie haben noch kein eigenes Kräuterbeet? Dann wird es höchste Zeit. Denn egal ob im Garten, auf dem Balkon oder auf kleinstem Raum auf der Fensterbank in der Küche – frische Kräuter gehören in jeden Haushalt. Was es dabei zu beachten gibt, welche Kräuter in keiner Hausapotheke fehlen dürfen und welches das absolute Alleskönner-Kraut ist, verrät uns unsere Hotel Heinz Kräuterexpertin Ira Bräuer in diesem Interview.

 

Ira, das ganze Thema Kräuter und Kräuterkunde ist heue so aktuell wie nie. Selbst Stundent:innen züchten heute auf ihrer Fensterbank wieder Thymian, Minze & Co. Wie erklärst du dir diesen Trend?

Gerade junge Menschen interessieren sich heute wieder viel mehr für regionale und möglichst unbehandelte Produkte. Wildkräuter und Kräuter aus dem eigenen Garten oder Balkonkasten sind sehr beliebt. Eine Entwicklung, die mich persönlich besonders freut, da Kräuter unglaublich viel zu bieten haben.

 

Welche drei Kräuter dürfen deiner Meinung nach in keiner Hausapotheke fehlen?

Nur drei? Das fällt mir schwer (lacht). Ich würde sagen, Lavendel, Zitronenmelisse und Pfefferminze gehören für mich in jede Hausapotheke. Lavendel wirkt allgemein beruhigend und kann bei innerer Unruhe, Schlafstörungen und Kopfschmerzen helfen. Melisse wirkt entkrampfend, beruhigend, antibakteriell und virustatisch. Pfefferminze ist reich an ätherischem Öl, das einen hohen Gehalt an Menthol aufweist. Es verleiht der Pfefferminze ihre unter anderem entzündungshemmende, beruhigende und schmerzlindernde Wirkung. Ein Tee aus frischer Pfefferminze lindert Erkältungsbeschwerden und hilft bei Bauchschmerzen, Übelkeit und Verdauungsproblemen.

 

Welches Kraut wird heute völlig unterschätzt?

Ich finde, alle Wildkräuter werden unterschätzt. Ein gutes Beispiel ist Löwenzahn. Der ist super gesund, er wirkt harntreibend und regt die Galle-Sekretion an. Perfekt zum Entschlacken und Abschütteln der Winterträgheit. Löwenzahn kann als Frischpflanzensaft, Salat, Gemüse und die Blüten sogar als Honig verarbeitet werden. Also wunderbar vielseitig einsetzbar!

 

Welches ist das „Alleskönner-Super-Kraut“ für dich?

Ganz klar: Die Brennnessel! Sie steckt von oben bis unten voll wertvoller Inhaltsstoffe: Antioxidiantien, Mineralsalze, die Vitamine B, C (30x so viel wie Kopfsalat), E (das “Verjüngungsvitamin”) und K1 (für gesunde Knochen), Pflanzensäuren (Ameisen- und Essigsäure), Carotinoide (das “Schönheitsvitamin“ für Haut und Haare), Amine (z. B. Histamin, Serotonin und Cholin), Mineralstoffe (z.B. Kieselsäure und Kalium) und Eisen. In der Volksheilkunde werden seit jeher ihre harntreibenden, entschlackenden und blutbildenden Eigenschaften geschätzt. Besonders vielfältig ist auch die Verwendbarkeit in der Küche. Am besten erntet man die oberen 20 cm der Pflanze. Wenn man die Brennnesseln kurz in heißes Wasser taucht, werden die Brennhaare zerstört und man kann sie gefahrlos weiterverarbeiten.

 

Sie möchten noch mehr über die Superkräfte der Brennnessel erfahren?
Dann schauen Sie unbedingt hier in unserem Brennnessel-Beitrag vorbei.
Leckere Inspirationen für Brennnesselrezepte finden Sie außerdem hier.

 

Hast du Tipps zum Lagern von Kräutern?

Getrocknete Kräuter lagert man idealerweise in Braunglas-Behältern oder trocken und dunkel in Papiertüten. Frische Kräuter lassen sich auch wunderbar einfrieren. Keinesfalls sollte man Plastikgefäße verwenden oder Kräutersträuße am Stängel trocken aufzubewahren. Dieses Bild ist zwar häufig auf malerischen Abbildungen zu sehen, die Kraft der Kräuter zieht sich jedoch dadurch in den Stängel zurück. Kräuter, die man für Tee trocknen möchte, sollte man möglichst nicht waschen. An den Blättern der Zitronenmelisse hängen beispielsweise an der Unterseite kleine Tröpfchen mit dem wertvollen Öl. Wenn man die Pflanze wäscht, werden diese Öltöpfchen ausgespült und das Aroma geht verloren. Als Zeitpunkt für die Ernte eignet sich der Vormittag am besten, bevor die Inhaltsstoffe von der Sonne herausgezogen werden.

 

Was muss ich beachten, wenn ich mir zu Hause einen eigenen kleinen Kräutergarten anlegen will?

Vorab sollte man sich folgende Fragen stellen: Welche Witterungsbedingungen herrschen vor Ort? Sonne, Schatten, Nord- oder Südseite, trocken oder nass? Auf dieser Basis kann ich entscheiden, welche Pflanzen ich gerne mag und für was ich die (Heil-)Kräuter benötige. Je nach verfügbarem Platz gibt es verschiedene Methoden: Eine Kräuterspirale, ein „vertikaler Garten“ oder ganz simpel die Kräuter im Topf. Hier ist fast alles möglich. Ansonsten gilt: Einfach ausprobieren und sehen, was funktioniert!

 

 

 

Darf ich Kräuter im Wald und auf Wiesen einfach so sammeln?

Im Bundesnaturschutzgesetzt heißt es: „Jeder darf wild lebende Blumen, Gräser, Farne, Moose, Flechten, Früchte, Pilze, Tee- und Heilkräuter sowie Zweige wild lebender Pflanzen aus der Natur an Stellen, die keinem Betretungsverbot unterliegen, in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich entnehmen und sich aneignen.“ Der persönliche Bedarf ist in der Regel ein kleiner Strauß, den man gut in einer Hand tragen kann. Stellen an dicht befahrenen Straßen, Wanderwegen oder gedüngten oder gespritzten Wiesen, sollte man zum Sammeln vermeiden.

Ira Bräuer war sieben Jahre alt, als sie mit ihren Eltern auf einen Bauernhof zog. Seitdem interessiert sie sich für alles, was wächst und schmeckt. 2012 absolvierte sie bei der IHK ihre Prüfung und bietet seitdem als zertifizierte Kräuterexpertin zahlreiche Kräuter-Angebote im Hotel Heinz an.